Wenn, Muslime, liberale Kirchen und sogar die
evangelikale Evangelische Allianz zusammenspannen, lässt das aufhorchen. Gibt
es ein gemeinsames Anliegen oder haben sie nur einen gemeinsamen FEIND?
Dass Religionen sich für Religionsfreiheit
einsetzen, leuchtet jedem ein. Doch welche Motivationen stecken hinter dem
politischen Engagement vieler Kirchenvertreter, zumal wenn sie sich für die
Rechte anderer Religionen einsetzen?
Es fällt auf, wie oft christliche Exponenten in
letzter Zeit die religiösen Anliegen der Muslime unterstützt haben:
Im Vorfeld der Minarettinitiative gaben der Schweizerische Evangelische Kirchenbund und die Zürcher Landeskirche ein klares Nein als Parole ab. Der Verbot von Minaretten sei nicht das geeignete Mittel,
Integrationsprobleme zu lösen.
Ein ehemaliger Pfarrer zahlt aus eigenen Mitteln die Bussen, welchen muslimischen Frauen in Basel auferlegt wurden, weil sie
verschleiert das Schwimmbad besuchten oder die Töchter vom Schwimmunterricht
fernhielten.
Für Tilla Jacomet von der Rechtsberatungsstelle
für Asylsuchende des evangelischen Hilfswerks Heks ist es untragbar,
Schülerinnen wegen eines Kopftuchs von der Schule zu weisen, wie sie in «10vor10»
sagte.
Der emeritierte Theologieprofessor Werner Kramer
präsidierte das „GMS Projekt-Muslimische Grabfelder", das 2012 in Winterthur
die Errichtung eines nur für Muslime bestimmten Grabfeldes erwirkte.
Nun ist es in einer Demokratie erwünscht, sich in
die politische Diskussionen einzubringen. Das gilt sowohl für den einzelnen
Bürger –und auch Kirchenvertreter sind Bürger- wie auch für Institutionen.
Kirchliche Abstimmungsparolen haben eine lange
Tradition und sind Teil des demokratischen Prozesses.
Dass getroffene Entscheide –etwa einer
Schulleitung- kritisiert werden, ist der freien Meinungsäusserung geschuldet.
Wenn religiös motivierte Gesetzesbrüche
unterstützt werden, in dem man für die Geldstrafen aufkommt, mag man dies als
heroisch sich gebärdenden Einzelfall von zivilem Ungehorsam belächeln.
Und in der Errichtung von Grabfeldern für eine bestimmte Gruppe kann auf den ersten Blick ein Effort zum friedlichen Zusammenleben der Religionen gesehen werden.
Das säkulare Prinzip wird unterwandert
Und doch bleibt bei alledem ein mehr als bitterer
Nachgeschmack zurück. Das Beispiel der Friedhöfe ist symptomatisch:
Wenn Muslime auf öffentlichen Friedhöfen
separierte Felder erhalten, wird durch die Hintertüre wieder ein religiöses
Ordnungsprinzip eingeführt, das seit 150 Jahren überwunden war. Aufgrund der
Wirren des Sonderbundskrieges wurde mit der revidierten Bundesverfassung von
1847 das Bestattungswesen säkularisiert. Das heisst nicht einfach nur, dass die
vormals kirchliche Verwaltung auf den Staat übergeht. Säkularisierung bedeutet
vielmehr ein neues Axiom, welches das konfessionelle ablöst. Der Staat hat im
öffentlichen Friedhof den Primat bernommen und wacht darüber, dass keine
Konfession benachteiligt und jeder Bürger gleicht behandelt wird.
Dieser urliberale Gedanke wird aber mit der Errichtung muslimischer Grabfelder geradezu untergraben: Will etwa ein gemischt-religiöses Ehepaar nebeneinander bestattet werden, stehen ihm Familiengräber zur Verfügung. Allerdings nicht auf dem muslimischen Grabfeld; dieser ist dem nichtmuslimischen Partner verwehrt. Die Friedhofsordnung beugt sich in diesem Punkt islamischem Recht und verlässt das Gleichheitsprinzip. Wir stehen so wieder vor längst überwunden geglaubten konfessionellen Konflikten, die wesentlich die Frage unseres Staats- und Rechtsverständnisses berühren.
Der liberale Staat ist säkular. Er kann religiösen Bedürfnissen nur so weit entgegenkommen, wie sein säkularer Charakter dabei gewahrt wird.
Dieser urliberale Gedanke wird aber mit der Errichtung muslimischer Grabfelder geradezu untergraben: Will etwa ein gemischt-religiöses Ehepaar nebeneinander bestattet werden, stehen ihm Familiengräber zur Verfügung. Allerdings nicht auf dem muslimischen Grabfeld; dieser ist dem nichtmuslimischen Partner verwehrt. Die Friedhofsordnung beugt sich in diesem Punkt islamischem Recht und verlässt das Gleichheitsprinzip. Wir stehen so wieder vor längst überwunden geglaubten konfessionellen Konflikten, die wesentlich die Frage unseres Staats- und Rechtsverständnisses berühren.
Der liberale Staat ist säkular. Er kann religiösen Bedürfnissen nur so weit entgegenkommen, wie sein säkularer Charakter dabei gewahrt wird.
Es ist löblich, dass Kirchenvertreter sich für die
Bedürfnisse von Minderheiten einsetzen. Sie argumentieren mit Toleranz,
Integration und Religionsfreiheit. Doch verstehen sie Religionsfreiheit immer
im Sinne von Rechten für die Religionen.
Der ursprüngliche, liberale
Religionsfreiheitbegriff meint aber in erster Linie Freiheit von Religion auf
öffentlichem Grund. Als Konsequenz davon wird das Religiöse ins Private
verdrängt.
Der Verdacht drängt sich auf, dass der kirchliche
Einsatz für andere Religionen nur teilweise altruistisch motiviert ist und herkömmlich disparate kirchliche Gruppen nur deshalb
zusammenspannen, weil sie einen gemeinsamen Feind ausmachen: den säkularen
Staat. Diesen empfinden sie als Bedrohung.
Da dieses Gefühl aber auch auf viele Muslime
trifft, ergibt sich eine Allianz gemeinsamen Unbehagens am weltlichen Staat.
Einwanderern kann dies natürlich nicht vorgeworfen
werden – ihnen muss unser Staatskonzept vielmehr erklärt werden.
Kirchliche Säkularismusskepsis –zumal
landeskirchliche- gibt einem Liberalen hingegen zu denken.
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