Freitag, 27. Oktober 2017

Oneway Ticket zum Terror?

Nein, die beiden Therwiler Schüler, die aus religiösen Gründen ihrer Lehrerin den Handschlag verweigerten, sind keine Terroristen. Auch ihr Vater, der als Imam in der Baseler König-Faysal-Moschee amtiert, hat nichts mit irgendwelchen Anschlägen zu tun. Nicht mal dem Islamischen Zentralrat (IZRS), welcher in der Therwiler Handschlagaffäre Hand anbot (nur juristisch, versteht sich), können Verbindungen zu Attentätern nachgewiesen werden. Im Gegenteil, Ratsvorsitzender Nicolas Blancho betont ein ums andere Mal, der IZRS sei gegen Gewalt und für die Religionsfreiheit.




Es führt aber dennoch ein direkter Weg von Therwil nach Manchester, wo ein Selbstmordattentäter 22 Menschen bei einem Konzert in den Tod riss. Die Schüler, die Baseler Moschee, der IZRS und die Attentäter von Manchester, London und Paris eint eines: ihre Ideologie. Der Satz, der refrainartig nach jedem Terroranschlag ertönt: "Das hat nichts mit dem Islam zu tun", ist nur zum Teil richtig. Richtig ist daran, dass eine überwältigende Mehrheit der in Europa lebenden Muslime ihren Glauben nicht im Sinne des Salafismus oder einer religiös-politisch-radikalen Lesart lebt. Doch genau diese radikale Auslegung ist in muslimischen Staaten –sogar über die Golfregion hinaus - wie auch leider in wachsendem Ausmass unter gewissen muslimischen Gruppierungen in Europa verbreitet. Und sie expandiert mit dem Ziel einer Islamisierung der Muslime und in der Folge der Gesellschaft als Ganzes. 

Der Unterschied zwischen den Vorfällen in Therwil und dem Terror in Manchester ist nur ein gradueller. Die vom Vater indoktrinierten Schüler, die eine Frau nicht berühren dürfen und der Massenmörder von Manchester offenbaren eine Frauenverachtung, die Teil des radikalislamischen Weltbildes ist. Es ist kein Zufall, dass sich die Terroristen in England das Konzert des Teenie-Idols Ariana Grande ausgesucht haben. Ihre Fangemeinde besteht zu 90% aus jungen Mädchen. Sie ist eine der vielen weiblichen Ikonen westlicher Popkultur. Ein Anschlag an ihrem Konzert hat dementsprechenden Symbolcharakter. Wenngleich die realen Folgen der symbolischen Handlungen anders zu bewerten sind, darf man nicht verkennen, dass auch hinter dem verweigerten Handschlag in Therwil oder dem Eintreten des IZRS für die Burka, bzw. den Niqab dieselbe Symbolik steht: Die Nichtanerkennung der Frau als ebenbürtiges, eigenständiges, freies Wesen. Ob hinter dem Schleier oder dem Rauch eines gezündeten Sprengstoffgürtels; die Frau wird zum Verschwinden gebracht. So betrachtet ist der die Handschlagaffäre alles andere als banal. Es ist die erste, kurze Etappe auf dem Weg der Radikalisierung. 

Muss dieser Weg ein Oneway Ticket sein? Führt er zwangsläufig von Therwil nach Manchester? Ich hoffe nicht. 

Unsere Behörden tun gut daran, punkto Prävention und Überwachung eine härtere Gangart einzulegen. Die Diskussion hat bereits begonnen, ob nicht nur Standaktionen und Veranstaltungen salafistischer Kreise zu verbieten sind, sondern auch ganze Organisationen, die sich dieser Ideologie verschrieben haben. Naturgemäss tut sich der liberale Staat schwer damit, Regelungen zu definieren oder gar Verbote auszusprechen, welche die Gesinnung des Individuums berühren. Schliesslich ist es jedem unbenommen zu glauben und zu denken was er will. Wir sollten aber nicht länger dem Trug aufsitzen, dass wir es bei dieser Thematik mit der menschenrechtliche verbürgten Religionsfreiheit zu tun hätten, mögen sich die Gläubigen noch so oft darauf berufen. In Wahrheit weist der Salafismus alle Merkmale einer Sekte auf und steht, was ihr faschistoides Gedankengut angeht, dem Rechtsextremismus in nichts nach. Es ist diese Mischung aus religiösem Fanatismus und politischen Bestrebungen, die ihn zur stärksten Bedrohung macht, welcher sich der Westen nach dem Ende des Kalten Krieges ausgesetzt sieht. 
In Deutschland ging lange die Warnung um: „Wehret den Anfängen!“. Sie hat auch heute nichts an Aktualität eingebüsst.  Dabei können Verbote hierzulande nur eine Massnahme unter vielen sein, um den aggressiv missionierenden Islamismus einzudämmen. Ebenso wichtig wäre es, die giftigen Quellen trocken zu legen und die liegen in der Golfregion, von der aus radikale Moscheen, Prediger und Vereine finanziert werden. Es heisst immer wieder, der Westen solle seine Werte verteidigen. Doch solange Rüstungsdeals und andere lukrative Geschäfte mit Saudi-Arabien, Katar und Konsorten zum Tagesgeschäft gehören, fragt sich, ob uns Geld wichtiger ist als Werte. Schlimmer noch: Ob der Mammon nicht der westliche Wert par excellence ist.


(Dieser Arikel erschien in der reformierten Zeitschrift bref 13/2017 als Kolumne von Bruno Amatruda unter dem Titel "Therwil - Manchester einfach")

Zur Lektüre empfohlen: Saïda Keller-Messahli, Islamistische Drehscheibe Schweiz.

http://www.nzz-libro.ch/keller-messahli-islamistische-drehscheibe-schweiz-moscheen-salafismus.html




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen